Ulrike Pfreundt hat das Start-up rrreefs gegründet. Ihr Ziel: abgestorbene Riffe wieder aufzubauen. Wie sie das macht, wer dafür bezahlt und wieviel ein Riff kostet, erzählt sie im Money Talk.

Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:39
Ort:Zürich
Beruf:Mikrobielle Ozeanografin und Co-Gründerin rrreefs
Einkommen:60'000 brutto pro Jahr
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Miete
Vermögen:Fonds, Sparvermögen, Firmenanteile, Cryptos

Ulrike, welche Gefühle löst Geld bei dir aus?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich bin ohne besonders viel Geld aufgewachsen und hatte immer einen verantwortungsvollen Umgang damit. Meine Eltern haben einen selbstständigen Umgang mit Geld gefördert. Ich musste früh Dinge, die ich wollte, selbst bezahlen. Dafür habe ich genügend Taschengeld bekommen.

War Geld also ein Thema, über das ihr in der Familie gesprochen habt?

Ja. Mein Vater hat sich immer für die Börse und das Aktiengeschehen interessiert. Schon bevor ich 18 Jahre alt war, hatte ich die ersten Einzelaktien. Darauf folgten bald Fonds sowie mein eigenes Depot.

Ich will ein mittleres Risiko und eine hohe Diversifizierung. Ausserdem investiere ich langfristig. Das heisst, ich treffe ein paar Entscheidungen und lege das Geld an. Danach schaue ich nicht jeden Monat drauf.

Wie bist du heute investiert?

Ich bin in Cryptos investiert, habe zwei aktive Fonds und ETFs. Die meisten dieser Anlagen laufen seit vielen Jahren.

Worauf achtest du beim Investieren?

Ich will ein mittleres Risiko und eine hohe Diversifizierung. Ausserdem investiere ich langfristig. Das heisst, ich treffe ein paar Entscheidungen und lege das Geld an. Danach schaue ich nicht jeden Monat drauf. Ich will ja nicht traden. Ich muss zugeben, dass ich mich aktuell weniger mit dem Thema befasse als in meinen Zwanzigern. Darum habe ich inzwischen auch etwas Geld, das einfach auf einem Sparkonto liegt. Da müsste ich mich mal drum kümmern.

Wie ist das in deinem privaten Umfeld: Gibt es viele Frauen, die wie du investieren, oder bist du eher die Ausnahme?

Ich bin schon eher die Ausnahme, aber nicht nur unter den Frauen, sondern auch unter den Männern in meinem Umfeld. Privat ist Geld nicht unbedingt ein Thema, über das wir viel reden. Im Start-up-Umfeld ist das jedoch anders.

Dann kommen wir doch gleich zu deinem Startup. Du hast rrreefs im Jahr 2020 mitgegründet. Was macht ihr?

Ganz vereinfacht gesagt, bauen wir mit 3D-gedruckten Ton-Elementen abgestorbene Korallenriffe wieder auf. In diesen «Gebäuden», die wir ins Wasser bringen, siedeln sich dann Korallen und Rifftiere an und können wieder ein gesundes Ökosystem bilden. So regenerieren wir diese abgestorbenen Flächen.

Wie seid ihr dazu gekommen? 

Wir sind vier Frauen, die das Unternehmen gemeinsam gegründet haben. Ich selbst komme aus dem akademischen Umfeld. Ich habe an der ETH als Postdoc für Mikrobielle Ozeanographie gearbeitet, wusste aber, dass ich keine akademische Karriere machen möchte. Die Idee zu rrreefs entstand aus einer Dringlichkeit sowie einer grossen Leidenschaft. Wir alle wollten etwas für die Korallenriffe und die Gesundheit des Ozeans tun. Durch einen glücklichen Zufall lernte ich Marie kennen, die als Künstlerin an einem System aus Ton arbeitete. Sie wollte Unterwasser-«Gebäude» für Korallen und Rifftiere aus Modulen herstellen. Dazu hat sie ein Stecksystem entwickelt, das wir heute noch verwenden.

Wir arbeiten in den Ländern jeweils mit einer lokalen NGO zusammen und schulen die Mitarbeitenden. Ziel ist, dass sie Montage und Kontrolle selbstständig, ohne uns, durchführen können.

Kannst du kurz ausführen, wie ihr arbeitet? Wie muss ich mir den Wiederaufbau eines Riffs vorstellen?

Wir haben diese Tonelemente entwickelt. Sie bilden die Basis. Aktuell werden diese noch in der Schweiz für uns produziert und in die Länder verschifft, in denen wir arbeiten. Dort montieren Taucher:innen die Elemente am Riff. Anschliessend wird regelmässig überprüft, wie sich das Riff entwickelt. Wir arbeiten in den Ländern jeweils mit einer lokalen NGO zusammen und schulen die Mitarbeitenden. Ziel ist, dass sie Montage und Kontrolle selbstständig, ohne uns, durchführen können. Auf den Philippinen bauen wir aktuell eine lokale Produktionsstätte auf, damit die Teile dort produziert werden können. Wir wollen Wissenstransfer und Wertschöpfung in den Ländern vorantreiben.

Funktioniert euer System? Erholen sich die Riffe?

Ja, das tun sie. Die Korallen wachsen, und es siedeln sich Rifftiere an. Insgesamt haben wir bisher rund 200 Quadratmeter gebaut. Unser ältestes Projekt steht in der Karibik. Dieses hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren super entwickelt. Die Karibik ist die schwierigste Umgebung, weil dort an vielen Orten zu viele Nährstoffe im Wasser sind. Seit Anfang Jahr sind wir auch in zwei anderen Ozeangebieten aktiv: auf den Philippinen im westlichen Pazifik und im tropischen Ostpazifik. Es ist spannend zu sehen, wie sich unser System in diesen Gebieten bewährt. In den Philippinen sind wir sehr gut gestartet, dort gab es schon nach ein paar Wochen neue Korallen auf den Steinen, und die Fischvielfalt wächst. Normalerweise rechnen wir erst nach drei bis sechs Monaten mit solchen Veränderungen. Ganz konkrete Ergebnisse werden wir dann Ende Jahr präsentieren können.

Wir möchten nicht abhängig sein von philanthropischen Geldern. Unser Ziel ist, dass sich unser Unternehmen irgendwann selbst trägt.

Damit ihr eure Idee umsetzen konntet, brauchtet ihr Geld. Wie habt ihr euch bisher finanziert?

Wir haben 2020 ein Crowdfunding lanciert. Dadurch haben wir rund 70’000 Franken erhalten und konnten zudem eine tolle Community aufbauen, die uns motiviert und immer wieder finanziell unterstützt hat. Im September 2021 gingen wir mit unseren Modulen zum ersten Mal ins Wasser.

Und wie finanziert ihr euch heute?

Wir waren ursprünglich ein Verein und haben einige grössere Spenden von Unternehmen und Stiftungen bekommen. Hinzu kamen Awards und Vorträge, die wir halten konnten und die teilweise gut bezahlt waren. Vor kurzem haben wir uns für einen Wechsel entschieden. Wir haben den Verein in eine AG umgewandelt.

Warum habt ihr euch dafür entschieden?

Wir haben uns das lange und gut überlegt. Der Grund ist: Wir möchten nicht abhängig sein von philanthropischen Geldern. Unser Ziel ist, dass sich unser Unternehmen irgendwann selbst trägt. Wir wollen ein Modell entwickeln, das den Wiederaufbau der Riffe finanziell attraktiv macht. In einem ersten Schritt haben wir Anfang Jahr in einer Pre-Seed-Runde 420'000 Franken in Form von Equity Investments – also Beteiligungen – aufgenommen. Damit sind wir bis zirka Mai 2025 finanziell abgesichert. Parallel dazu haben wir angefangen, unsere Services zu verkaufen.

Unser Angebot startet bei 60'000 Franken. Für diese Summe bauen wir mindestens 25 Quadratmeter Riff.

Was genau verkauft ihr?

Wir sind eine Art One-Stop-Shop für verifizierten Ozean-Impact für Unternehmen. Dazu gehört die Finanzierung des Wiederaufbaus eines Riffs, ein Reporting des generierten Biodiversitäts- und sozialen Impacts während dreier Jahre sowie Content-Kreation und Marketing rund um das nachhaltige Investment unserer Kund:innen.

Wie viel kostet ein Riff oder ein solches Paket?

Unser Angebot startet bei 60'000 Franken. Für diese Summe bauen wir mindestens 25 Quadratmeter Riff. Sobald wir auf den Philippinen produzieren können, werden wir für diesen Preis vermutlich doppelt so viel Fläche aufbauen können. Das Gesamtpaket kostet 135'000 Franken. Darin sind die drei Jahre Biodiversity-Reporting enthalten und eine Content-Strategie. 

Ist ein Markt für euer Thema vorhanden? 

Wir erhalten für unsere Arbeit viel Zuspruch. Es gibt ein grosses Bewusstsein dafür, dass die Riffe sterben und man etwas dagegen tun muss. Gleichzeitig ist es nicht einfach, tatsächlich Geld dafür zu bekommen. Beispielsweise war unser Ziel für die Pre-Seed-Runde eine Million Franken. Am Ende haben wir bei weniger als der Hälfte geschlossen. Man könnte also sagen, wir waren nicht sehr erfolgreich. Allerdings muss man berücksichtigen, dass wir in einem Jahr nach Investor:innen gesucht haben, in dem das Umfeld für Investments allgemein schwierig war. Und: Es gibt in unserem Bereich noch nicht wirklich einen Markt. Man rechnet allerdings allgemein mit der Entwicklung eines Biodiversity-Marktes. Wir gehören zu den Ersten, die etwas in dieser Form anbieten. Es braucht Zeit, bis die Leute verstehen, was wir machen, und bereit sind, dafür zu bezahlen.

Auf den Malediven kippen reihenweise die Palmen ins Meer, weil immer mehr Land weggefressen wird.

Fliesst deiner Meinung nach heute genügend Geld in den Schutz der Korallenriffe?

Es könnte natürlich immer mehr sein. Aber ich stelle allgemein fest, dass der Geldfluss im Bereich Ocean Tech und Ocean Impact zunimmt. Es gibt beispielsweise seit einer Weile den Global Fund for Coral Reefs und allgemein immer mehr Ocean Funds, die sich auf diese Investments spezialisieren.

Wie wertvoll ist denn ein Korallenriff?

Sehr wertvoll natürlich. Gerade die küstennahen Riffe leisten sehr viele Dienste. Einer der wichtigsten Punkte ist der Erosionsschutz. Die Riffe schützen die Küste vor der Abtragung von Sand und damit vor der Zerstörung der Küste an sich. Sterben die Riffe ab, hat das spürbare Folgen. Auf den Malediven beispielsweise kippen reihenweise die Palmen ins Meer, weil immer mehr Land weggefressen wird. Ein gesundes Riff würde diese Landabtragung stoppen. Daneben stellen die Riffe Fische und Meeresfrüchte als Nahrung für die lokale Bevölkerung bereit. Und schliesslich sind sie wichtig für die Medizin.

Inwiefern?

Die Riffe sind zentral für die Biodiversität. In ihnen lebt ein grosser Anteil aller Arten, die wir aus den Ozeanen kennen. Man geht etwa von einem Viertel bis einem Drittel aus. In dieser Vielfalt liegt unter anderem aus medizinischer Sicht ein sehr grosser Wert. Es gibt einige wichtige Medikamente, die aus den Riffen, beispielsweise aus Schwämmen, kommen. Dazu gehören beispielsweise Antivirenmedikamente, Schmerzmedikamente oder Krebsmedikamente. Davon werden wir in Zukunft mit Sicherheit viel brauchen. Auch darum dürfen wir die Vielfalt und die Riffe nicht verlieren.

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