Die Abstimmung zur AHV21 ist vorbei, das Resultat steht fest: Mit einem hauchdünnen Mehr von 50,57 Prozent haben die Stimmenden die Initiative zur Stabilisierung der AHV angenommen. Bloss 32’319 Stimmen machten einen Unterschied. Was bleibt, ist ein Haufen Arbeit und bei vielen Frauen auch grosse Wut. Bereits sind erste Protestaktionen in Bern angekündigt.
Gemäss ersten Nachwahlbefragungen sind bloss 37 Prozent der Frauen dafür gewesen, dass ihr Rentenalter um ein Jahr erhöht wird. Männer befürworten dies hingegen zu 65 Prozent. Damit beträgt der Differenzanteil zwischen den Geschlechtern 28 Prozent – ein absoluter Höchstwert in der Abstimmungsgeschichte der Schweiz. Oder anders gesagt: Die Vorlage wurde von Männern, Pensionierten (67 Prozent) und gut Verdienenden angenommen, die letztlich in der knappen Mehrheit waren.
Und jetzt?
Das knappe Resultat zeigt: So geht es nicht weiter, die Rentensituation für Frauen muss sich verbessern. Die Frauen sind zu Recht zornig. Mit dem Ja zur AHV21 müssen die Frauen nicht nur bis 65 statt 64 arbeiten; die Mehrwertsteuer wird ebenfalls erhöht, von 7,7 Prozent auf 8,1 Prozent. Die Frauen leisten damit zwar zwangsläufig einen wesentlichen Beitrag zur Rettung der AHV, denn betroffen sind besonders Frauen und tiefe Einkommen.
Im Gegenzug muss nun die Politik ihre Versprechungen einlösen und das ganze System der Altersvorsorge an die Lebensrealitäten der Frauen anpassen! Jetzt, heute, maintenant ist der Tag, an dem ich erwarte, dass sich alle politischen Kräfte endlich zusammenraufen und sich der Systemfrage stellen: Wie schaffen wir eine gerechte Altersvorsorge für alle Frauen in allen drei Säulen?
Altersarmut ist weiblich. Frauen in der Schweiz bekommen über alle drei Säulen 34,6 Prozent weniger Rente. Während der Gender Gap in der AHV mit drei Prozent fast vernachlässigbar ist, beträgt er in der zweiten Säule wuchtige 47 Prozent! Männer erhalten aus der Pensionskasse im Schnitt mehr als doppelt so viel Rente wie Frauen. In Zahlen heisst das: Männer erhalten durchschnittlich 150’000 Franken Rente und Frauen bloss 61’282 Franken.
Dazu kommt: Jede zweite Frau in der Schweiz hat gar keine zweite Säule. Warum? Weil sie den Minimallohn nicht erreichen, auf den die Abzüge für die Pensionskasse erhoben werden. Oder weil der Koordinationsabzug ihren tiefen Teilzeitlohn wegfrisst.
Die dritte Säule kann das auch nicht ausgleichen – im Gegenteil. Fast 40 Prozent der Frauen können sich diese Form der Altersvorsorge nicht leisten. Oder dürfen sie nicht nutzen, weil sie nicht erwerbstätig sind.
Und warum das alles? Weil sie unbezahlte Care-Arbeit leisten. Diese wäre zwar 242 Milliarden Franken wert. Diese Arbeit wird aber in der zweiten und dritten Säule nicht angerechnet – obwohl alle davon profitieren: die Wirtschaft, die Männer und unsere gesamte Gesellschaft.
Unbezahlte Arbeit zahlt nicht in die Vorsorge ein. So ist das. Nur wer erwerbstätig ist, bekommt eine eigene Rente. Wer nicht erwerbstätig ist, hat bloss eine minimale AHV, und die bewegt sich zwischen 1195 und 2390 Franken pro Monat. Eine von vier Frauen lebt im Alter ausschliesslich von der AHV.
Dabei beruht die Vorsorge in der Schweiz doch auf drei Säulen – und nicht nur auf einer. Frauen haben gerechte Renten verdient. Wir müssen unser ganzes System reformieren, nicht nur die erste Säule auf dem Rücken der Frauen!
Das sind unsere Forderungen für gerechte Renten
Wir bei elleXX mögen Checklisten. Ich habe eine geschrieben, einen Forderungskatalog, den sich unsere Parlamentarier:innen in Bern ausdrucken können. Ihr könnt sie aber auch gerne weiterleiten, teilen und an die Politiker:innen schicken!
Die elleXX-Checkliste für eine faire Vorsorge: